Wie viel muss ich üben?

Nataliya Urban Qigong im Alltag

Nicht selten wird die Frage in den Raum gestellt:

Wie viel Zeit muss ich in die Übungspraxis von Qigong, Meditation & Co investieren, wenn ich es „ernst meine“? Wenn ich meinen Zustand verändern und gute Ergebnisse bekommen will?

Wenn ich schon viele Praktiken, Stile oder Formen erlernt habe, muss ich sie immer wieder wiederholen – am besten alle gleichzeitig? 🤔


Ich mag den scherzhaften Spruch, der in einem meiner Seminare spontan entstanden war: 

"Qigong funktioniert umso besser, je praktizierter es ist."

Kein Zweifel, wenn wir es ernst meinen, müssten wir schon etwas Zeit für das Üben finden. Es muss nicht viel auf einmal sein, aber möglichst regelmäßig, ohne sehr große Pausen.

Über die messbaren Erfolgsfaktoren im Qigong schreibe ich noch.


Es ist aber auch etwas anderes wichtig:

Ich übe Qigong fürs Leben und lebe nicht fürs Qigong.


Einer meiner Lehrerinnen verdanke ich den fantastischen Satz:

Egal, was ich tue, – ich praktiziere keine Übungen oder Formen. Ich praktiziere mich selbst.

Genau darum geht es, und es wird keinesfalls abwertend gemeint. Übungen und Formen sind wichtig, im Anfangsstadium der Qigong-Praxis unverzichtbar. 

Dennoch: egal, was wir tun, - es kommt selten etwas wirklich neues dazu. Meistens haben wir irgendeinen Herzenswunsch und - unabhängig davon, ob wir ihn benennen und formulieren können oder nicht, unternehmen wir verschiedene Schritte, bevorzugen bestimmte Praktiken, um „in die richtige Richtung“ zu gehen. Was auch immer sie sein mag.

Da stellt sich die Qigong-Praxis in einem neuen Licht dar: 


Eine Richtung – viele kleine und große Schritte.


Durch die bewegten Formen des Qigong fördere ich meinen Körper, beseitige Verspannungen und Blockaden, befreie und aktiviere Energiemeridiane, damit „die Lebensenergie-Qi frei fließen kann“ (was auch immer wir unter Qi und seinen Leitbahnen verstehen 😉 ).

Es gibt viele verschiedene Schulen und Arten des Qigong und somit verschiedene Varianten, diese Körperpflege zu betreiben. Von sanft bis sehnig, von kaum wahrnehmbar bis kampfkunstähnlich. 

Wenn Du neugierig bist, probier es aus, sammele verschiedene Übungen und wähle die Richtigen für Dich! 

Das wird (und sollte) Dir kein Meister abnehmen.


Was aber bei alledem im Hintergrund geschieht: 

Ich praktiziere mich selbst. Jederzeit - und nicht nur wenn ich Übungen mache!

Wenn mein Körpersystem nicht mehr vor Schmerz und Kummer schreit und eine anfängliche Ordnung einigermaßen wiederhergestellt worden ist (keine Frage, das kann dauern, und auch davor sollten wir Achtung haben!), kann ich Qigong einfach IMMER praktizieren.

Wenn die Energiekanäle frei und der Atemfluss geschmeidiger wird, werden die Formen mehr zu Hilfestellungen, und die eigentliche „Energiearbeit“ (wenn wir Qigong so übersetzen wollen) kann in jedem Augenblick geschehen.


Den Energiefluss im Alltag genießen!


Wenn ich an einem trüben Vormittag Ende August im Wald spaziere und mich auf die Erde setze, strömen viele Informationen durch mein Körpersystem.

- Ich kann mich auf die Qualitäten der Erde laut der Wuxing-Lehre besinnen, mit Mutter Erde voller Achtung kommunizieren und die energetische Stärkung meiner Verdauungsorgane wahrnehmen. 

- Ich kann die grüne Farbe um mich herum genießen und merken, wie sich meine Augen entspannen, mit dem Qi der Bäume und Pflanzen austauschen und mit dessen Hilfe regenerieren. 

- Ich kann die Energiepunkte in den Händen und Füßen spüren, durch sie atmen und das Qi in den inneren Kanälen des Körpers fließen lassen. 

- Ich kann die Wahrnehmung ins Untere Dantian (das untere Energiezentrum) senken, Wärme, Energie und Raum dort fühlen, zum Beispiel in Form eines heißen roten Energieballs.

- Ich kann einfach wahrnehmen, wie alltägliche Aufregung und Anspannung von mir hinabfallen und am Rücken entlang in die Erde hinabfließen. Das tut gut! 


Ich kann vieles tun, und all das wird richtig sein.


Ist das Qigong-Praxis? 

Im strengen Sinne könnte man sagen Nein, denn es gäbe keine Übung, keine Form, nichts bestimmtes.

Aber es ist intensiv, es tut unglaublich gut, und es verändert mich. Es verändert meinen Körper, mein Energiesystem und meinen Geist – spürbar, wohltuend, nachhaltig.

Und um diese Transformation geht es ja im Qigong – Tag für Tag.